Die Kapelle eines ehemaligen Klosters aus dem Jahr 1896 wurde in ein künstlerisches Refugium für das designaffine Paar Milla Novo und Nigel Nowotarski verwandelt. Das Resultat ist ein erfrischender Mix von monumentaler Raumarchitektur und verspielter Einrichtung – ausgeschmückt mit Kunstobjekten der Textilkünstlerin und Hausherrin.
Im Herzen des Dorfes Bennebroek liegt das neugotische Kloster St. Lucia. 1896 errichteten die «Soeurs du Sacré Coeur» (Schwestern vom Heiligen Herzen) ein «Boarding House». So erhielt das Dorf vom Orden nicht nur eine katholische Dorfschule, sondern auch ein französisch-katholisches Fraueninternat. Seit 2007 stand es jedoch leer. 2017 wurde die Klosteranlage von einem Projektentwickler in sieben Stadthäuser und 11 Wohnungen umgewandelt und die Anlage wurde zum städtischen Denkmal erklärt.
Die Designerin Milla Novo und ihr Partner Nigel Nowotarski, ein Hightech-Spezialist, kauften einen 190 m2 grossen Teil des Klosters, die ehemalige Kapelle mit weissen Stuckwänden.
Beim Umbau tauchte zur Überraschung aller Beteiligten plötzlich ein gemalter Engelskopf hinter dem Putz auf, und dann noch einer. Unter dem Stuck erwiesen sich die ursprünglichen Wandmalereien der Kapelle als völlig intakt. Milla: «Das war ein Zeichen, es fühlte sich an wie eine Art Schutzengel, Vergangenheit und Gegenwart kamen auf diese Weise zusammen und wurden verbunden». Wo es möglich war, wurden die Wandmalereien restauriert, und dies wurde die Grundlage für die weitere Farbgestaltung.
Für die Einrichtungsberatung holten sie sich Hilfe vom Standard Studio in Amsterdam. Wouter Slot von Standard Studio: «Es war eine Herausforderung, die klösterliche Atmosphäre zu respektieren, dem Interieur jedoch ein modernes und komfortables Wohngefühl für Milla und Nigel zu geben». Er schaffte es, den grossen und hohen Räumen eine alternative Form des persönlichen Wohnens einzuhauchen. Mit angepasster Heizung, neuen sanitären und technischen Anlagen, aber vor allem der Bereitschaft, offen zu leben, wurde dieses historische Erbe in eine besondere und sehr individuelle Wohnform verwandelt. Nur noch ein paar Säulen, die gewölbten Fenster, Türbogen und robuste Materialien erinnern an die reiche Geschichte der Klosterkapelle.
«Gemeinsam mit Standard Studio haben wir ein wunderschönes Refugium geschaffen, das viel Raum für Abenteuer lässt. Ich wollte einen offenen Grundriss, weil man auf diese Weise eine Art Spaziergang durch den Wohnraum machen kann. Das war für mich sehr wichtig.» so Milla zum Resultat des Umbaus.
Die Buntglasscheiben der runden und bogenförmigen Fenster im Altarbereich wurden gegen Klarglas ausgetauscht und lassen viel Licht hineinfliessen, das sich auf dem hellen Betonboden ergiesst. Zusammen mit den weissen Wänden wirkt der Hintergrund fast wie eine Galerie für die skulpturalen Möbel und Millas Kunstwerke. Diese sind in Braun- und Rosétönen gehalten sowie mit einigen Goldtupfern kombiniert.
Die sechs Meter hohe Decke erlaubte es – ohne an Luftigkeit und Atmosphäre einzubüssen –, auf halber Fläche des Grundrisses ein offenes Zwischengeschoss einzuziehen, auf dem sich das Schlafzimmer und ein Bad befinden.
Auch in der Küche sollten die Atmosphäre und die Grosszügigkeit der Kapelle beibehalten werden. So erwies sich bei der Planung die Wahl des Materials als besonders schwierig. Gemeinsam mit dem Küchenspezialisten und einem Natursteinexperten haben sich Milla und Nigel schlussendlich für einen italienischen Quarzit entschieden, dessen Zeichnung und die rosa-bernsteinfarbenen Töne gut zu den ursprünglichen Wandmalereien passen und sich harmonisch in den Raum einfügen. Die grifflosen Schubladen der Kücheninsel sind mit einer Messingfront verkleidet, dazu passend die Messing-Armatur.
Die Deckenhöhe bietet die ideale Präsentationsfläche für Millas handgeknüpfte Wandbehänge im XXL-Format. Mit ihren Kunstwerken – gefertigt in der Knüpftechnik des indigenen chilenischen Mapuche-Volkes – sorgte sie denn auch bereits am Salone del Mobile für Aufsehen. Bei den Werken von Milla Novo sieht man die natürliche Verwendung von Farben und Kombinationen, was ihre Arbeiten kraftvoll und grafisch-modern macht. Ihre geknüpften Wandbehänge kann man als grossartig bezeichnen, als Kunstwerke, die nicht nur ins Auge fallen, sondern manchmal auch funktionale und praktische Zwecke erfüllen, wie zum Beispiel akustische Qualität oder atmosphärische Wärme. Die eigens für die Kapelle gefertigten Wandbehänge greifen subtil die Farben des Engel-Freskos auf und prägen die Einzigartigkeit des Raumes. «Ich arbeite hauptsächlich nach Gefühl. Empfindungen, Abenteuer und versteckten Überraschungen – das macht dieses Loft für Nigel und mich aus», sagt die Künstlerin und Hausherrin.
Produktion: www.millanovo.com / www.standardstudio.nl
Redaktion: Marc Heldens